Die Notwendigkeit von Pflege und Unterstützung im täglichen Leben steigt kontinuierlich aufgrund des demografischen Wandels und der wachsenden Lebenserwartung. Je grösser der Bedarf an Hilfe und Unterstützung im Alltag einer Person ist, desto höher ist ihre Pflegestufe. In der Schweiz werden Pflegestufen von 1 bis 12 verwendet, um den täglichen Pflegebedarf und den entsprechenden finanziellen Beitrag festzulegen. Ein bestimmter Prozentsatz der Kosten wird von der Krankenversicherung übernommen, und auch der Patient trägt einen Anteil dazu bei.
Pflegebedarf: Wann besteht er?
Der Pflegebedarf tritt auf, wenn eine Person im täglichen Leben Unterstützung benötigt und nicht in der Lage ist, bestimmte Aktivitäten ohne Hilfe durchzuführen. Dies kann auf körperliche, geistige oder psychische Einschränkungen zurückzuführen sein. Die Bewertung des Pflegebedarfs erfolgt in der Regel durch eine Fachperson, die die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der betroffenen Person bewertet.
Die Pflegestufen: Eine Übersicht
Es werden die Pflegestufen 1 bis 12 verwendet, um den täglichen Pflegebedarf einer Person und den damit verbundenen finanziellen Beitrag festzulegen. Die Einstufung in eine Pflegestufe erfolgt normalerweise bei der Aufnahme in eine Pflegeeinrichtung oder bei der Inanspruchnahme von Pflegediensten.
Die zwölf Pflegestufen und ihre Bedeutung
Die zwölf Pflegestufen geben Aufschluss darüber, wie viel Unterstützung eine Person benötigt. Je höher die Pflegestufe, desto mehr Unterstützung benötigt die betroffene Person. Jeder Pflegestufe ist ein täglicher zeitlicher Pflegebedarf zugeordnet. Zum Beispiel hat eine Person in Pflegestufe drei einen täglichen zeitlichen Pflegebedarf von 41 bis 60 Minuten.
In der folgenden Liste finden Sie die Betreuungsstufen nach dem täglichen zeitlichen Pflegebedarf und die Beiträge der Versicherer pro Tag in CHF (Stand: Mai 2023):
Pflegestufe | Pflege- & Betreuungsaufwand in Minuten pro Tag | Pflege- & Betreuungsaufwand in BESA-Punkten |
---|---|---|
1 | bis 20 Min. | 1 – 6 |
2 | von 21 bis 40 Min. | 7 – 13 |
3 | von 41 bis 60 Min. | 14 – 19 |
4 | von 61 bis 80 Min. | 20 – 26 |
5 | von 81 bis 100 Min. | 27 – 32 |
6 | von 101 bis 120 Min. | 33 – 39 |
7 | von 121 bis 140 Min. | 40 – 45 |
8 | von 141 bis 160 Min. | 46 – 52 |
9 | von 161 bis 180 Min. | 53 – 58 |
10 | von 181 bis 200 Min. | 59 – 65 |
11 | von 201 bis 220 Min. | 66 – 71 |
12 | ab 220 Min. | ab 72 |
Einstufung in die Pflegestufe: Ablauf
Für die Einstufung des Pflegebedarfs gibt es drei Verfahren, die als Pflegebedarfsinstrumente bezeichnet werden. In der Deutschschweiz ist vor allem das BESA-System (BewohnerInnen-Einstufungs- und Abrechnungssystem) weit verbreitet. Wenn jemand in eine Pflegeeinrichtung zieht, veranlasst die Einrichtung die Einstufung. Die Kosten für die Bedarfsabklärung werden von der Krankenversicherung übernommen.
Pflegebedarf und Finanzierung der Pflegeleistungen
Der Pflegebedarf einer Person beeinflusst direkt die Finanzierung der Pflegeleistungen. So werden die Pflegeleistungen von drei Parteien finanziert:
- Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) leistet einen festgelegten Beitrag zu den Pflegeleistungen.
- Die Versicherten müssen sich in der Regel ebenfalls an den Kosten der Pflegeleistungen beteiligen. Ihre Beteiligung ist jedoch auf maximal 20 Prozent des höchsten Beitrags der OKP beschränkt.
- Die Restfinanzierung wird von den Kantonen geregelt und ist die Aufgabe der Kantone und/oder der Gemeinden.
Finanzierung der Pflegeleistungen zu Hause
Die OKP leistet folgende Beiträge zu den Pflegeleistungen (gemäss Artikel 7 a der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV)):
- Für Abklärung, Beratung und Koordination: CHF 76.90 pro Stunde
- Für Behandlungspflege: CHF 63.00 pro Stunde
- Für Grundpflege: CHF 52.60 pro Stunde
Die Versicherten müssen sich mit maximal CHF 15.35 pro Tag an den Kosten für Pflegeleistungen beteiligen. In einigen Kantonen ist eine geringere Beteiligung an den Pflegeleistungen für die Pflege zu Hause vorgesehen. Die Beteiligung an Pflegeleistungen ist zusätzlich zur ordentlichen Kostenbeteiligung zu leisten.
Sind die Kosten der Pflegeleistungen mit dem Beitrag der OKP und der Beteiligung der Versicherten noch nicht vollständig gedeckt, ist die Restfinanzierung Aufgabe der Kantone und/oder der Gemeinden.
Finanzierung der Pflegeleistungen im Pflegeheim
Bei einem Pflegebedarf von Pflegeheimbewohnerinnen oder Pflegeheimbewohnern von bis zu 20 Minuten pro Tag erstattet die OKP für die Pflegeleistungen CHF 9.60. Die Beiträge steigen linear auf CHF 19.20 pro Tag bei einem Pflegebedarf von 21 bis 40 Minuten, auf CHF 28.80 pro Tag für einen Pflegebedarf von 41 bis 60 Minuten usw., bis zu einem Beitrag von CHF 115.20 pro Tag bei einem Pflegebedarf von mehr als 220 Minuten (gemäss Artikel 7 a der KLV).
Die Versicherten müssen sich mit maximal CHF 23 pro Tag an den Kosten für Pflegeleistungen beteiligen. Einige Kantone sehen für die Pflege im Pflegeheim eine niedrigere Beteiligung vor. Die Beteiligung an Pflegeleistungen ist zusätzlich zur ordentlichen Kostenbeteiligung zu leisten.
Sind die Kosten der Pflegeleistungen mit dem Beitrag der OKP und der Beteiligung der Versicherten noch nicht vollständig gedeckt, ist die Restfinanzierung Aufgabe der Kantone und/oder der Gemeinden.
Berücksichtigung von körperlichen und geistigen Fähigkeiten
Bei der Einschätzung des Pflegebedarfs und der Zuordnung zu einer Pflegestufe werden nicht ausschliesslich körperliche Einschränkungen in Betracht gezogen, sondern auch mentale und psychologische Aspekte. Gutachter bewerten in verschiedenen Lebensbereichen die Selbstständigkeit der (potenziell) pflegebedürftigen Person anhand eines Punktesystems von 0 (Selbstständige Ausführung der Aktivität ohne Hilfe oder Hilfsmittel) bis 3 (Die Person kann die Aktivität nicht durchführen, auch nicht teilweise). Die Gesamtpunktzahl, die sich aus der Bewertung verschiedener Lebensbereiche ergibt, bestimmt die Einstufung in einen Pflegegrad.
Lebensbereiche, die bei der Einstufung berücksichtigt werden
Die Gutachter bewerten in der Pflegegrad-Einstufung folgende sechs Lebensbereiche, die auch als „Module“ bezeichnet werden:
- Mobilität (körperliche Beweglichkeit): Morgendliches Aufstehen, Fortbewegen in der Wohnung, Treppensteigen, usw.
- Mentale und kommunikative Fähigkeiten: Orientierung über Ort und Zeit, Verstehen von Sachverhalten, Erkennen von Risiken, Verständnis für Gesagtes, usw.
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Unruhe in der Nacht, Ängste, Aggressionen, Ablehnung von Pflegemassnahmen, usw.
- Selbstversorgung: Selbstständiges Waschen und Anziehen, Essen und Trinken, allein zur Toilette gehen, usw.
- Selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie deren Bewältigung: Fähigkeit, Medikamente allein einzunehmen, Blutdruck zu messen, zum Arzt zu gehen, usw.
- Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte: Fähigkeit, den Alltag selbst zu gestalten, direkten Kontakt mit anderen Menschen aufzunehmen, usw.
Unterstützung und Leistungen bei unterschiedlichen Pflegegraden
Je nach Pflegegrad erhalten pflegebedürftige Personen unterschiedliche Unterstützung von der Pflegeversicherung. Dabei werden nicht nur finanzielle Leistungen, sondern auch diverse Sachleistungen sowie finanzielle Zuschüsse für Pflegehilfsmittel oder barrierefreie Wohnungsumbauten gewährt.
Pflegegrade 1 bis 5: Leistungen im Überblick
Personen im Pflegegrad 1 erhalten unter anderem Pflegeberatung, Beratung in der eigenen Häuslichkeit, Versorgung mit Hilfsmitteln sowie Zuschüsse zur Verbesserung des Wohnumfeldes (wie Treppenlift oder barrierefreie Dusche). Zusätzlich steht ein Entlastungsbetrag (ambulant) in Höhe von bis zu CHF 125 pro Monat zur Verfügung. Dieser ist zweckgebunden und kann beispielsweise für Tages- oder Nachtpflege oder eine Kurzzeitpflege genutzt werden.
Personen mit höheren Pflegegraden (2 bis 5) erhalten zusätzlich verschiedene Geld- und Sachleistungen sowie Zuschüsse für stationäre Pflege, Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege und teilstationäre Pflege (Tages-/Nachtpflege).
Tipps für die häusliche Pflege und die Auswahl der passenden Pflegestufe
Häufig ist es für Personen mit niedriger Pflegestufe finanziell sinnvoller, von privaten Betreuungsdiensten zu Hause versorgt zu werden. Die Kosten für Spitex variieren je nach Kanton, wobei Pflegebedürftige einen maximalen Betrag von CHF 15.35 pro Tag zahlen. Dazu kommen Kosten für die Betreuung und anfallende Haushaltsarbeiten.
Ab Pflegestufe 6 sollte jedoch genau überlegt werden, ob die Pflege in einem Heim kostengünstiger wäre.